Auen sind alle flussbegleitenden Flächen, die von Hochwässern des Flusses erreicht werden und durch diese Überflutungen geprägt werden. Als morphologische Aue werden die Bereiche bezeichnet, die von einem Hochwasser sowohl aktuell erreicht werden als auch theoretisch erreichbar wären, wenn keine Hochwasserschutzmaßnahmen wie Deiche vorhanden wären (Abbildung 1). Diese heute abgetrennten Bereiche werden als Altaue bezeichnet, während sich die im Vorland der Deiche befindenden Flächen, die noch regelmäßigen Überschwemmungen ausgesetzt sind, als rezente Aue bezeichnet werde. Innerhalb der rezenten Aue liegt auch das Hauptfließgewässer.
Fließgewässer können je nach der Landschaft, durch die sie fließen, sehr unterschiedlich ausgebildet sein. Dies wird zum Beispiel durch das Gefälle und das anstehende Gestein bestimmt, welches auch das im Fluss mitgeführte Material bildet. Dieses kann von sehr groben Blöcken bis sehr feinen Schwebstoffen reichen (Abbildung 2). Die Erosion und Sedimentation dieses Materials ist in natürlichen Fluss-Aue-Ökosystemen in einem natürlichen Gleichgewicht und formt die umgebende Landschaft, was als Morphodynamik bezeichnet wird.
Abbildung 2: Die Größe und Beschaffenheit des vom Fluss mitgeführten und abgelagerten Materials hängt von der Gesteinsart und der bereits zurückgelegten Fließstrecke ab. Am Oberlauf der Isar (links) sind dies zum Beispiel vorwiegend Blöcke und Steine, an der Mittleren Mulde in Sachsen (rechts) Kiese bis Sande (Fotos: I. Becker).
Wertvolle Lebensadern unserer Landschaft
Naturnahe Flüsse und Auen sind wertvolle Bestandteile in unserer Landschaft und erfüllen zahlreiche Funktionen für die Umwelt, aber auch für uns Menschen – die sogenannten Ökosystemleistungen
(Brunotte et al. 2009, BMUB & BfN 2015, Abbildung 3).
Da sie große Wassermassen aufnehmen können, bilden naturnahe Auen wichtige Rückhalteräume für Hochwasser, deren Flächen ohne Gefahr für menschliche Nutzungsräume überflutet werden können. Das Wasser wird zudem in den Aueböden gefiltert und dadurch gereinigt, wodurch Auen die Trinkwasserversorgung verbessern. Vor allem vernässte Standorte und Moore in Auen aber auch die Auwälder binden Treibhausgase und tragen dadurch zum Klimaschutz bei. Zudem bilden sie Erholungsräume und bieten ein Erleben der Natur für Anwohner und Touristen – und vieles mehr (Scholz et al. 2012).
Durch die gestaltende Kraft des Wassers und den Wechsel von trockenen und feuchten Perioden herrscht in naturnahen Auen eine große Habitatvielfalt. Diese Lebensräume beherbergen viele angepasste Pflanzen- und Tierarten, von denen viele gesetzlich geschützt sind (Abbildung 4). Daher gelten Auen als Hotspots der Biodiversität - das heißt sie haben als „Schatzkästen der Natur“ eine besonders hohe Dichte und Vielfalt an charakteristischen Arten und sind damit ein wichtiger Bestandteil für die Erhaltung der biologischen Vielfalt unserer Erde (Ackermann & Sachteleben 2012).
Abbildung 4: Viele Arten sind auf bestimmte Lebensräume der Auen angewiesen, um zu überleben. Die Deutsche Tamariske (Myricaria germanica, links) benötigt beispielsweise offene Schotter- oder Sandbänke alpiner Flussauen für die Keimung. Und auch viele Insekten, wie z. B. einige Libellenarten (rechts), sind in ihrem Lebenszyklus auf Auengewässer angewiesen (Fotos: I. Becker).
Die Flüsse durchziehen wie Adern verschiedene Landschaften und bilden dadurch verbindende Korridore (Abbildung 5). Sie sind ein wichtiger Bestandteil für einen bundesweiten Biotopverbund und darüber hinaus sind einige Teil des europaweiten Netzwerks aus Schutzgebieten, Natura 2000.
Abbildung 5: Die Blies im Saarland als wertvolle Lebensader in der genutzten Kulturlandschaft (Foto: I. Becker).
Jedoch wurden flussnahe Lagen historisch häufig für die Errichtung von Ortschaften und Industrie verwendet. Durch den technischen Fortschritt wurden viele Flüsse und Auen baulich verändert. Beispielsweise durch Deichbau, bei dem Flächen vom Fluss abgetrennt werden, oder durch Maßnahmen für den Hochwasserschutz wurden und werden viele Auen funktional verändert oder zerstört.